“Vom Essen Besessen” was a food blog which my brother and I ran from 2008 to 2020. This page was rescued and copied to thinkoholic.com before the food blog was shut down.
Heute präsentieren wir etwas ganz besonderes: Wir haben ein Salatrezept aus dem Jahr 1916 aus Island nachgekocht.
In Armutszeiten musste man – nicht nur in Island – alle Ressourcen nutzen, die irgendwie verfügbar waren.
Im Norden Europas hat man letztlich auch auf essbare Flechten zurückgegriffen.
Allen voran: Isländisch Moos (Cetraria islandica).
Das Isländisch Moos, auch Blutlungenmoos, Fiebermoos oder Hirschhornflechte genannt, wurde wegen seinem hohen Stärkegehalt häufig getrocknet, fein gemahlen, und zum Strecken von Getreidemehl verwendet.
Es gibt aber auch noch andere Verwendungen:
Wir haben ein Salatrezept gefunden, das 1916 in einer deutschen Zeitschrift erschienen ist, um die Verwendungsmöglichkeiten von Flechten aufzuzeigen.
Heutzutage wird Cetraria islandica übrigens bei Erkrankungen der oberen Atemwege (Husten, Keuchhusten, Asthma) eingesetzt. Im Handel sind dementsprechend viele Präparate wie Lutschtabletten, Hustensaft oder Erklätungstees erhältlich.
Flechten sind, für diejenigen, die es nicht wissen, Verbunde von (meist einzelligen) Algen und Pilzen.
Das vollständige Rezept und Fotos von der Zubereitung gibt es hier:
Zutaten:
Isländisch Moos Flechte (Cetraria islandica)
Essig und Öl
Salz
evtl. Senf fürs Dressing
Zubereitung:
Dieses Rezept stammt aus einer Tübinger Zeitschrift aus dem Jahr 1916. In dem Artikel werden Originalrezepte aus Island für die Verwendung von Flechten vorgestellt.
Soll aus dem isländischen Moos nur Salat hergestellt werden, so kocht man die vorher in heißem Wasser angefeuchtete Flechte im Dampf eines Dampf-Kartoffelkochers 1 Stunde, lässt sie darauf in wenig Wasser 5 Minuten unter Kochen aufquellen, dann nach dem Erkalten auf einem Sieb abtropfen, salzt hierauf die Blattmassen reichlich und macht sie mit Öl, Essig, eventuell auch unter Zusatz von etwas Senf, Zucker, Salatkräutern und Zitronensaft an.
So hergestellt, enthält der Salat fast die gesamte Menge der in der Flechte befindlichen gelatinierenden Stärke, die diesem Salat wirklichen Nährwert verleiht. *
Der Salat, der in Friedenszeiten mit Mayonnaise angemacht, ein sehr pikantes Gericht darstellt, hat etwas Eigenartiges wegen der angenehm zu kauenden Beschaffenheit der gequollenen Flechtenblätter.
Indem er zum Kauen anregt und so die für die Verdauung wichtige Speichelsekretion steigert, kann er sogar als ein in diesem Sinne vorteilhaftes, die Verdauung förderndes, gesundheitlich empfehlenswertes Gericht angesehen werden.
- * Man kann aber gleichzeitig aus derselben Flechtenportion neben Flechtensalat auch noch eine Flechtensulz gewinnen.
In diesem Falle lässt man die Flechten in wenig Wasser (auf 20 gr 1/2 Liter) 1/2 Stunde kochen, und presst sie dann noch heiß durch ein Seihtuch.
Der erkaltete Pressrückstand wird dann als Salat in der oben angegebenen Weise angemacht, und die abgepresste und abgegossene gallertartige Flüssigkeit zur Herstellung einer süßen Speise, wie im nachfolgenden Rezept näher mitgeteilt wird, benützt, oder als Zusatz zu Suppen und Saucen, um dieselben sämig zu machen.
Quelle: “Weitere Beiträge zur Verwertung der Flechten” (C. Jacobj, 1916, Tübingen)
Wir haben den Salat getestet und selbst nach dem ersten Rezept zubereitet. Die Konsistenz ist wirklich sehr ungewohnt.
Einerseits war das eine interessante kulinarische Erfahrung, andererseits war es nicht unbedingt eine von den Erfahrungen, die man sofort wieder machen will. ;-)
Wer empfindlich auf bitteren Geschmack ist und diesen nicht mag, der wird mit dem Cetraria-Salat keine große Freude haben. Ansonsten ist der Salat aber auch nicht schrecklich, sondern eben …speziell.